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Briefverkehr zur Droste-Zeit

In den jungen Jahren der Droste war Rückständigkeit wohl eines der wesentlichen Merkmale ihrer Heimat Westfalen. Die Wege waren berüchtigt, die Kutschen blieben regelmäßig im Schlamm stecken. Der Transport von Mensch und Gut war für die Postillone zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine Herausforderung, wie ein Reisebericht von 1807 nahelegt:

Wir fuhren von Münster mit einem wegekundigen Postillon ab. Doch schon nach zehn Minuten vom Tore stiegen wir ab und keuchten mühsam im Morast neben dem Wagen her … So ging es in dem alles bedeckenden Sumpfe aus einem unsichtbaren Loch in das andere. Wir waren kaum zehn Minuten gegangen, da versanken die beiden vordersten Pferde bis an die Brust im Morast. … Der Postillon sprang erschreckt nach und versank ebenfalls bis an die Hälfte des Leibes.

Straßenbau verkürzt die Laufzeiten

Zwischen Münster und Appelhülsen soll die Postroute derart halsbrecherisch gewesen sein, dass der Postillon sich weigerte, sie zu befahren. Widrige Bedingungen also für das Briefeschreiben – oder besser: für das Briefeverschicken. Dass die Droste dennoch üppig korrespondierte, ist wohl auch dem Umstand zu danken, dass Westfalen 1815 Provinz Preußens wurde.

Ab dieser Zeit besserten sich westfälischen Straßenverhältnisse zusehends, und mit ihnen die Postverbindungen. Zwischen 1816 und 1831 verdoppelte Preußen die Länge der ausgebauten Straßen in Westfalen nahezu – von 765 auf 1387 Kilometer.

Mit dem Ausbau der Chauseen verkürzten sich die Laufzeiten der Post: 1820 war die Strecke Berlin – Köln, die auch durch Westfalen führte, in 102 Stunden zu bewältigen – 30 Stunden weniger als zuvor. Der Anschluss des Münsterlandes an das preußische Postnetz beendete außerdem das Chaos unterschiedlicher Zuständigkeiten.

 Ende des 18. Jahrhundert wurden Sendungen noch im Wochen-Rhythmus transportiert, jetzt verkehrten Schnellposten einmal täglich – zumindest auf den Hauptlinien. Die Postkutschen waren zugleich die einzigen öffentlichen Landverkehrsmittel – bis die Eisenbahn kam. Seit Mitte der 1840er Jahre wurde auch in Westfalen die Post vermehrt per Zug befördert, die 1847 eröffnete Strecke Köln – Minden stellte die Verbindung nach Berlin her und war damit eine der wichtigsten Fernlinien Deutschlands.

Briefversand: Günstiger per „Gelegenheit“

Annette von Droste hatte die Möglichkeit zum Briefversand zweimal pro Woche, die Schnellpost Münster – Paderborn fuhr mittwochs und samstags. Dazu kamen die so genannten Gelegenheiten, die man gerne nutzte, auch, um Porto zu sparen: Verwandte, Bekannte oder Bedienstete, die ohnehin einen Weg machten und Briefe oder Pakete mitnahmen.

Porto-Kosten – und wer sie begleicht

Das Porto bemaß sich an der Entfernung des Adressaten. 1824 war laut preußischem „Portotax-Regulativ“ für eine Strecke bis 2 Meilen ein Silbergroschen zu zahlen. Über 2-4 Meilen kosteten 1,5 Silbergroschen, über 4-7 Meilen zwei Silbergroschen, über 10-15 Meilen drei Silbergroschen, über 15-20 Meilen vier Silbergroschen, über 20-30 Meilen fünf Silbergroschen und für je weitere zehn Meilen war ein Silbergroschen mehr fällig – bis zur Höchstgebühr von 19 Silbergroschen.

Für das Porto konnten sowohl Empfänger als auch Absenderin aufkommen. „Wenn sie täglich nur einen Brief an ihre in der Regel weit entfernt lebenden Verwandten und Freunde selbst frankiert hätte, hätte dies – grob gerechnet – etwa ein Viertel bis ein Fünftel ihrer gesamten Leibrente aufgezehrt“, schreibt Walter Gödden in Die andere Annette. Der Droste stand eine jährliche Leibrente von 400 Talern zur Verfügung; ein Taler war Mitte des 19. Jahrhunderts in Preußen 30 Silbergroschen wert.

Etwa vier Tage war ein Brief unterwegs, den Annette von Droste aus dem münsterländischen Rüschhaus an die Schwester Jenny nach Meersburg am Bodensee schickte. Der Fortschritt ist überschaubar: Heute geht’s kaum schneller.

Video: Aus Annettes Briefschatulle

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