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Ich will ihn in Zukunft nicht mehr Unwille, sondern Unmuth nennen

Auch meinen innigen Dank, meine theure Ludowine, für das schöne süße Kränzchen, es ist wie mein Leben aus vielen schönen bunten Freudenblumen zusammengesetzt, und sieht mich so hold so freundlich an, wie die freundlichen Tage meiner Kindheit, oder wie die schöne kurze Zeit, die ich in dem lieben Bökendorf verlebte, dem guten August danke ich herzlich für das schöne Gedicht.

Grimm sage, es thäte mir herzlich leid, daß er seine Namensveränderung oder Verdrehung so übel genommen hätte, und da es ihm so sehr mißfiele, so wollte ich ihn in Zukunft nicht mehr Unwille, sondern Unmuth nennen übrigens werde ich die Märchen mit größter Freude sammeln, um ihn zu versöhnen, ewig,

deine Nette

Bei einem Aufenthalt bei den Großeltern in Bökendorf (Familie von Haxthausen) im Sommer 1813 lernt Annette Droste Wilhelm Grimm kennen. Die Begegnung ist offenbar nicht frei von Spannungen.
Grimm bittet die Familie um Volkslieder und Märchen, die er herauszugeben gedenkt. Annette von Droste-Hülshoff beteiligt sich nur mäßig daran.
Dieser Ausschnitt ist Teil eines Sammelbriefs.

Kommentare im Kontext dieses Briefes

  1. Wilhelm Grimm sagt:

    Ich habe die Zeit angenehm zugebracht. Märchen, Lieder und Sagen, Sprüche usw. wissen sie die Menge … Die Fräulein aus dem Münsterland wussten am meisten, besonders die jüngste, es ist schade, dass sie etwas Vordringliches und Unangenehmes in ihrem Wesen hat, es war nicht gut mit ihr fertig zu werden. … Sie wollte beständig brillieren und kam von einem ins andere; doch hat sie mir fest versprochen, alles aufzuschreiben, was sie noch wisse, und nachzuschicken. Die andere (Jenny) ist ganz das Gegenteil, sanft und still; die hat mir versprochen zu sorgen, dass sie Wort hält.
    An Bruder Jakob, 28. Juli 1813

  2. Hermann Hüffer sagt:

    In welcher Art sie sich für Wilhelm bemüht hatte, erkennt man aus einem undatierten, aber sicher aus diesen Jahren stammenden Briefe an ihre Tante Ludowine; sie entschuldigt sich darin, dass sie nicht so viel schicken könne, wie sie wünsche, legt aber dem Brief gleichwohl ein Märchen, einige westfälische Sagen und eine beträchtliche Zahl von volksmäßigen Rätseln und Sprichwörtern bei …
    Aus einer Droste-Biografie von 1887

  3. Wilhelm Grimm sagt:

    Von Fräulein N[ette] hat mir’s neulich recht wunderbarlich und ängstlich geträumt: Sie war ganz in dunkle Purpurflamme gekleidet und zog sich einzelne Haare aus und warf sie in der Luft nach mir; sie verwandelten sich in Pfeile und hätten mich leicht blind machen können, wenn’s ernst gewesen wäre.
    An Ludowine von Haxthausen, 12. Januar 1814

  4. Wilhelm Grimm sagt:

    Empfehlen Sie mich der gnädigen Frau und Fräulein Nette, wenn sie noch etwas von mir hören will (wiewohl wir, seit die Franzosen fortgejagt sind, niemandem mehr bös sein sollten) aufs Beste.
    An Jenny von Droste, 14. Mai 1814

  5. Wilh[elm] küsste Nette die Hand, sie machte einen langen Schmier, und ich war ihr recht böse, dass sie ihm so viele Worte abzwang, da er doch wohl wusste, dass ihr diese Herzlichkeit nicht natürlich war, und sie ihn nicht leiden konnte.
    Tagebuch vom 20. August 1818

  6. Wilhelm Grimm sagt:

    Auch Ihre Schwester ist sehr krank gewesen, und Sie haben gewiss manch kummervollen Tag verlebt. Grüßen Sie sie von mir! Ich bin jemand, der sonst nichts gegen mich hat, als dass ihm meine Natur und Wesen entgegen ist, und mich deshalb grade nicht unaussprechlich gern hat, schon aus einem gewissen Gerechtigkeitsgefühl geneigt.
    An Jenny von Droste, 11. Januar 1828

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