Site Overlay

Bitte um Einschätzung des Verlegers Hüffer

(…) Ich schicke Ihnen ein Stück Briefes, den ich von der Schopenhauer erhalten, mit der Bitte, mir doch sogleich Ihre Ansicht darüber zukommen zu lassen. Ich meinerseits glaube weder von Herrn Hüffer loskommen zu können und noch weniger, daß er für sein höfliches und freiwilliges Anerbieten eine solche Hintansetzung verdient; doch überlasse ich Alles Ihrem besseren Urteil. Hüten Sie sich aber, Sie arglosester und somit unvorsichtigster aller Menschen, diese Zeilen Herrn Hüffer etwa mitzuteilen, die Ausdrücke obskure und geringe Buchhandlung würden ihm schwerlich gefallen, zudem braucht er, falls Sie der Meinung sind, ihm das Manuskript zu lassen, gar nicht zu wissen, daß ich einen Augenblick darüber schwankend sein könnte; so etwas läßt immer einen kleinen Stachel zurück.

Die Gründe der Schopenhauer sind allerdings triftig genug und bestätigen meine frühere Ansicht, aber der Jenenser kann und wird ja auch wohl mal etwas Späteres übernehmen, wodurch das Versäumte nachgeholt werden kann. Doch, wie gesagt, Sie sollen entscheiden, obgleich ich glaube, es ist zu spät. Mein Bruder nimmt morgen diese Zeilen mit, und übermorgen früh wird er Ihre Antwort holen lassen. Sie werden aus dem Datum der Beilage sehn, daß die gute Schopenhauer schon allzulange auf Antwort wartet.

Mit dem Braunschweig geht es lustig voran, oder ging es vielmehr bis jetzt, wo ich erfahren habe, daß mehrere ältere Werke eine genaue Beschreibung dieser Schlacht nebst beygefügtem Schlachtplan enthalten, somit meiner Phantasie keineswegs das große Feld zu Gebote steht, was ich ihr bereits geöffnet hatte; ich muß also warten, bis ich mir Einsicht in diese Schriften verschafft. (…) Weit schlimmer als diese Zögerung ist es, daß mein Bruder meint, die Zeitumstände erlaubten nicht, grade jetzt mit einem Gedichte aufzutreten, was die Religionsspaltungen zum Gegenstande habe und so offenbar eine katholische Hand verrate; es sehe aus wie absichtliche Aufregung der Gemüther, werde vielleicht auch hier und dort diesen Eindruck machen, und könne sowohl für mich als Herrn Hüffer von unangenehmen Folgen sein, selbst wenn die Zensur es jetzt passieren lasse, da die Sachen leider so ständen, daß der folgende Augenblick immer schlimmer zu werden drohe als der gegenwärtige. Was sagen Sie dazu? Ohne den Braunschweig gäbe es auch wohl ein leidliches Bändchen.

Der zweite Gesang ist übrigens, meine ich, auch schon gut, obgleich vielleicht weniger nach Ihrem Geschmack, da das darin vorherrschende Kriegs- und Lagerleben nicht so viele Naturschilderungen zuläßt; es ist ohngefähr das Verhältnis wie zwischen den beiden Gesängen des St. Bernhard, nur daß dort überhaubt die Naturszenen weit mehr vorherrschen. …

PS: Was die Schopenhauer vom Honorar schreibt, geht nicht von mir aus, es ist mir nicht eingefallen, eins zu verlangen, aber sie hat es wohl vorausgesetzt, da die Schriften ihrer Mutter, wenigstens früherhin, so stark honoriert wurden. (…)

Kommentare im Kontext dieses Briefes

  1. Lassen Sie Ihr Buch abschreiben und senden Sie mir das Manuskript und Ihren Pseudonamen, so will ichs mit O.L.B. Wolffs Hilfe bei einem ordentlichen, bedeutenden Buchhändler anbringen, es ist unter uns alles bestens abgemacht und besprochen. Honorar bekommt jetzt kein Gedichtschreiber, es ist fast unmöglich, nehmen Sie 25 Freiexemplare und damit gut. Eine zweite Auflage wird Ihnen, täuschen Sie sich nicht, ebenfalls nicht bezahlt bei diesen Gedichten; sind Sie bekannt, ist’s zwar etwas anders, doch gehen lyrische Sachen gar zu schlecht und niemand kauft.

    Sie haben Unrecht, die Sachen in Münster erscheinen zu lassen. Was von geringen Buchhandlungen dem großen Buchhändler geschickt wird, wird selten beachtet, er hat kein merkantilisches Interesse dem geringen Verleger durch Verkauf seines Buchs zu nützen, das Obskure der Handlung fällt hemmend auf Ihr Werk. Als ich in Bonn lebte, konnte ich nichts tun; hier kann ich, also Nette, keine Umstände, ich stehe zu Dienst, aber abgeschrieben muß das Werk sein.
    Jena, 12. Dezember 1837

  2. Da das Anerbieten Ihrer Freundin allerdings etwas für sich zu haben scheint, namentlich Ihren Wunsch davon Gebrauch zu machen, den ich in Ihrem Briefe durchgelesen zu haben glaube, da Sie ferner, wie ich meine, einen leisen Zweifel hegen, ob Herr Hüffer wirklich den Abdruck gern und mit Dank übernommen habe, übrigens aber bei uns die Sache ihrem Beginne so nah und ihre Durchführung so sicher ist und auch Ihre Bemerkungen gegen eine Veränderung des Plans mir richtig scheinen, so sehe ich keinen besseren Rat als bei diesem großen Gleichgewicht des Für und Wider Herrn Hüffer zu fragen, ob er von seiner übernommenen Verpflichtung und seinem mündlich erworbenen Recht gern scheidet oder nicht. Es versteht sich, daß ich ihm sage, die Schopenhauer, welche schon früher versprochen hat, sich in Jena nach einem guten Verleger umzusehen, habe jetzt nach ihrer Ankunft daselbst einen gefunden, wie sie ihn wünscht, sie habe Ihnen dieses mitgeteilt, Sie dagegen mir bei dem Bericht hiervon den leisen Zweifel geäußert ob er (nämlich H[err] H[üffer]) die Sache auch wohl gern übernommen; so muß es sich zeigen und der Himmel wirft gleichsam selbst die Würfel, wenn er entscheidet, daß die Sache noch einmal ins Weitere geschoben wird.

    Mittwoch Morgen. Herr Hüffer wünscht vor wie nach den Verlag Ihrer Gedichte, wofern nicht überwiegende Gründe Ihrerseits Sie bestimmen ihm selben wieder zu nehmen; sein Vater hat im durchaus freie Hand gelassen. So bleibt den wohl alles beim alten. Seien Sie fleißig.
    Münster, vielleicht 5. Januar 1838

Copyright © 2024 Nach 100 Jahren. All Rights Reserved. |  by John Doe