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Fünf Taler für Bornstedts Schmachtkanapee

(…) Sie fragen nach der Bornstedt? Die ist hoffentlich für immer von unserm Horizonte verschwunden; ihr Flügel, Briefe, Bilder sind wohlverpackt fortgerumpelt, alles übrige verkauft, und keine Seele hat darauf geboten, außer der Rüdiger und Schlüters, so daß ihr wohlbekanntes Schmachtkanapee für fünf Taler fortgegangen ist, was mir doch leid thut. (…)

[Mein Bruder] erzählte so viele törichte und boshafte Streiche (mir bis dahin auch noch unbekannt), mit denen die Bornstedt seine und seiner Frauen Freundlichkeit vergolten: wie sie sie bey allen Leuten schlecht gemacht; wie sie auf feine und grobe Weise mich mit ihnen in Unfrieden zu bringen gesucht; wie sie die Gouvernante bey ihnen verschwärzt und anderseits dieser in den Ohren gelegen, „diese stupiden Leute zu verlassen, denen sie ja doch nur fatal wäre“, wobey sie ihre eignen boshaften Worte meiner Schwägerin in den Mund gelegt hat; wie sie endlich, und zwar am Begräbnißtage der kleinen Anna, nachdem sie den beiden trostlosen Eltern durch ein Benehmen, das an Verrücktheit grenzt, durch tolles Lachen, Umherhopsen, Händeklatschen und den immer wiederholten Schrei: „O glücklicher Tag! o schönster Tag im Leben! ein neuer Engel im Himmel!“ fast das Herz gebrochen hatte; endlich aus Dépit über die geringe Wirkung ihrer Künste erzählt hat, Sie hätten von Meersburg geschrieben, Sie stürben vor Langeweile bey den beiden alten, stumpfen Leuten; worauf ihr Werner geantwortet: „Gnädiges Fräulein, ich erinnere mich meiner eignen jungen Jahre noch hinlänglich, um zu wissen, wie einsam man sich dann ohne einen Umgang gleichen Alters fühlt; zudem ist mein Schwager etwas taub, meine Schwester von sehr wenigen Worten; wenn Herr Schücking also wirklich dergleichen jemandem im Vertrauen geschrieben hat, so nenne ich das noch keine Beleidigung; wissen Sie aber, wie ich Ihr Benehmen nenne? Ohrenbläserei!“ Worauf die Bornstedt sich in die Brust geworfen, gesagt, das täten viele Leute, und eine lange Reihe angeführt hat, wo ich und die R[üdiger] obenan gestanden. Mein Bruder hat ihr, noch immer gelassen, geantwortet: „Ich wollte als ganz junger Mensch einmahl auf der Jagd etwas Widerrechtliches tun und führte das Beispiel eines guten Bekannten an; da sagte mir mein eigner Jäger, ein sehr ehrlicher Mann: ‚Gnädiger Herr, wenn der Herr von … ins Wasser springt und sich ersäuft, müssen Sie es deswegen auch tun?‘ und das habe ich dem Manne nicht übel genommen, sondern ihn deshalb sein Leben lang in Ehren gehalten.“ So hat ein Wort das andre gegeben, und das Ende vom Liede war, daß die Bornstedt mit dem würdevollen Anstande einer verkannten Seele heimgefahren ist.

Welche Perfidie wohnt doch in dieser schwarzen Katze! Gott Lob und Dank, daß sie unsre gute westfälische Luft nicht mehr verpestet! (…)

1 Kommentar im Kontext dieses Briefes

  1. August von Haxthausen sagt:

    Dass die Bornstedt noch einen Mann bekommt, dazu wünsch‘ ich ihr Glück, aber mir noch mehr, dass ich es nicht bin.
    Abbenburg, 18. August 1841

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