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Hätte ich nicht besser gesungen wie die Fennewitz, so wäre es mir übel gegangen

(…) Ich habe Mittwoch in Höxter im Konzert gesungen mit der Fennewitz. Du kannst nicht glauben, wie mir die Sache erschwert wurde. Zuerst bekomme ich den Brief mit der Bitte und den Noten zugleich am Sonntag davor. Die Zeit von drey Tagen war kurz genug zum Einstudiren, doch nahm ich es an. Den folgenden Abend spät (Montag) kömmt ein zweyter Bote, man hätte sich versehen, Madame Fennewitz hätte die andere Stimme einstudirt. Ich müßte also wechseln, obschon ich zum Einstudiren dieser anderen Stimme jetzt nur einen Tag mehr hatte; ich nahm es jedoch an und wurde auch ziemlich fertig. Mittwoch gegen Mittag kommen wir zu Höxter an. Madame Fennewitz ist schon da, und wir wollen anfangen zu probiren; da kömmt es heraus, daß die Fennewitz, wie sie das Duett in Münster gelernt hat, einige Stellen geändert hat, weil sie ihr zu schwer waren; danach mußte ich jetzt hintenach meine Stimme auch ändern; und endlich, wie das Konzert bald angehn soll, erklärt Herr Becker, der uns begleiten wollte, daß er es nicht könne und ich also selbst das Klavier dazu spielen müsse.

Ich wollte mich durchaus nicht dazu verstehn, weil ich bey meiner kurzen Zeit absichtlich alle Zwischenspiele auf dem Klavier überschlagen hatte. Wie sich dieser H[err] Becker aber ans Klavier setzte (in der Probe), machte er seine Sachen so schlecht, daß ich mich nur freute, daß ich es übernehmen konnte. Alle diese Fatalitäten zusammen machten mir aber eine solche Angst, daß ich, wie wir auftreten sollten, einen Krampf in der Brust kriegte, und hätte ich nicht überhaubt besser gesungen wie die Fennewitz, so wäre es mir übel gegangen; nun aber ging es gut und wir wurden sehr beklatscht.

Sagt mahl, wollt ihr mich gar nicht wiederhaben? von selbst schicken sie mich nicht zurück, es ist hier zwar recht gut, aber ich käm doch gern zurück, und wenn du mir schreibst ehe ich wiederkomme, so sag mir doch aufrichtig, was du von Dine ihrem Betragen gegen mich denkst,

deine Nette

Wehrden, Januar 1820

Kommentare im Kontext dieses Briefes

  1. Therese von Wolff-Metternich sagt:

    Ich war gestern mit Nette und Papa in Höxter auf dem Konzert; Nette sang mit Madame Fennewitz von Tannenburg ein Duett, dass sich die Leute die Ohren ud Augen offen sperrten; nachher wurde auch getanzt; ich habe auch getanzt.
    29. Januar 1820
    (Brief der Droste-Cousine an Ferdinandine von Heereman-Zuydtwyck)

  2. Friedrich Benneke sagt:

    Abends setzte sie sich ans Klavier. Ihr Spiel ist fertig, etwas heftig und überschnell, zuweilen etwas verworren. Mit der größten Leichtigkeit spielte sie das Hauptsächlichste des Don Juan (gemeint ist Mozarts „Don Giovanni), und andere Hauptsachen, durch. Ihre Stimme ist voll, aber oft zu stark und grell, geht aber sehr tief und ist dann am angenehmsten.
    Tagebucheintrag des Hamburger Kaufmanns, der sich im März 1820 in Bökendorf aufhielt

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