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Levin braucht ein Zeugnis

Ew. Hochwohlgeboren
Werden über meine Kühnheit erstaunen, daß ich es so gradezu wage, Ihnen zu schreiben. Die Sache betrifft jedoch unsern guten Schücking, für den Sie sich ja ebensosehr interessieren als ich selbst. Mein Ihnen bekanntes Vorhaben mit Hassenpflug ist nämlich mißlungen, durch den Umstand, daß dieser längere Zeit von Luxemburg abwesend war, um seine sowohl öffentlichen als Privatangelegenheiten in Sigmaringen zu ordnen und beendigen, so daß er meinen Brief erst jetzt, bey seiner Rückkehr, vorgefunden, nachdem die nachgesuchte Stelle längst besetzt war. Ob Hassenpflug nun späterhin etwas für Schücking tun wird, bleibt dahingestellt. Ich habe allerdings einigen Grund, es zu hoffen, doch könne dieses vielleicht erst nach Jahren eintreten, und unser Freund bedarf schnellerer Hülfe, wenn seine Gesundheit nicht zugrund gehn soll.

Männer vom Fache und anerkannten Kenntnissen, mit denen ich darüber geredet, sagen mir nur, das Einschieben eines Fremden in irgendein öffentliches Amt werde jetzt nirgends mehr zugelassen; wolle oder könne Schücking seinem angebornen Landesherrn nicht dienen, so bleibe allerdings das, was ich nachgesucht, nämlich eine Privatstelle bey irgendeinem einflußreichen Manne, das einzig Mögliche, wo dann Schücking wohl seines eigenen Glückes Schmied werden und durch persönliche Zuneigung seines Prinzipals und dessen Anerkennung seiner Fähigkeiten späterhin in eine gute Carriere kommen könne.

Nun ist es mir gelungen einige Freunde für diese Sache zu interessieren, die nicht ohne freundhaftlichen Einfluß auf mehrere, amtlich sehr gut gestellte, Männer sind und mir ernstlich versprochen haben, bey vorkommenden Gelegenheiten seiner nicht zu vergessen; nur verlangen sie hierzu einen weit genauen Bericht über Schückings Kenntnisse, namentlich in den Brotstudien, als ich leider zu geben imstande war. „Auf die schönen Wissenschaften komme es hierbey gar wenig an, die neueren Sprachen ausgenommen, welche fast in jeder Stellung von Nutzen seien.“

Ich muß also das Versäumte an Erkundigungen nachholen und weiß nun niemanden, auf dessen Einsicht und Offenheit ich mich lieber verlassen möchte, als Ew. Hochwohlgeboren. Bei Schückings übrigen Freunden fürchte ich ein übel berechnetes Mitleid, was sie mehr oder anderes sagen ließ, als sich nachher bestätigen möchte, wo dann die für mich und andere daraus entstehenden Unannehmlichkeiten das bey weitem geringere Übel wären, Schückings Aussichten aber, durch eine Entlassung und das persönliche Mißfallen eines bedeutenden Mannes, noch um vieles verschlimmert werden könnten, die verlorene Zeit ungerechnet. Ich hege übrigens keinen Zweifel an unseres Freundes Fähigkeiten, die ich, nach dem Urteile so vieler Stimmen, wohl als ausgezeichnet annehmen darf, nur fürchte ich immer, sie seien mehr in das theoretische als das praktische Fach zu rangieren. (…)

Carl Ferdinand Rüdiger ist Jurist und seit 1833 Oberegierungsrat in Münster. Über seine Frau, Elise Rüdiger, kennt er Schücking persönlich. Die erbetene Beurteilung der juristischen Kenntnisse Schückings erreicht die Droste nach dem 17. September 1839.

1 Kommentar im Kontext dieses Briefes

  1. … zuerst wegen Schücking; ich habe bis jetzt noch keine Stelle für ihn gefunden, denn hier ist’s wie bei euch, es gibt nur zuviel junge Leute, die ein Unterkommen suchen, vielleicht wenn Laßberg später den jungen Mann selbst sieht, und er ihm gefällt, so könnte es möglich sein, ich glaube, dass August noch am ersten Gelegenheit hat, ihm zu helfen, und auch am ersten den Willen dazu hat.
    Meersburg, 29. April 1840

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