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Elise Rüdiger

Einer der engste Freundinnen ist Elise Rüdiger (1812–1899). Die 15 Jahre jüngere Münsteranerin führt einen Salon in Münster, bei ihr trifft sich die „Heckenschriftsteller-Gesellschaft“, der zeitweise auch Annette von Droste und Levin Schücking angehören. Die Dichterin parodiert den Club in „Perdu“. Elise Rüdiger macht es sich nach dem Tode Drostes zur Aufgabe, ihr Werk bekanntzumachen. Mit Levin Schücking hat die verheiratete Elise ein kurzes Verhältnis. Mehr über Elise Rüdiger


Ich lebe noch, und habe Sie sehr lieb

(…) Sie sehn, Lies, wie schlecht es mit meinem Schreiben geht, 2-3 Zeilen im Tage, aber heute muß etwas gewagt und geleistet werden, denn unser Heinrich, von München abgehend und über Meersburg reisend, um Mama auf ihrer Heimreise zu begleiten, ist schon vor drey Tagen angekommen, und wieder nach drey Tagen (am 10.) steht mir die harte Stunde der Trennung bevor. Von meiner Mitreise kann keine Rede sein; habe ich wirklich noch Jahre zu leben, so müssen wenigstens die nächsten und gefährlichsten in diesem Klima durchvegetirt werden. So sagen wenigstens die Ärzte und andere auch, selbst Mama. Es ist sehr hart, von einer 74jährigen Mutter zu scheiden, vor allem, wenn man selbst krank ist. Das Wiedersehn ist eine Durchfahrt zwischenWeiterlesenIch lebe noch, und habe Sie sehr lieb

Ich bin jede Stunde bereit

Mein liebes theures Lies! Es ist Ihnen beym Anblicke dieser Zeilen wohl zu Muthe, als hörten Sie eine Stimme aus der andern Welt. So schlimm ist es indessen nicht; ich bin lebendig und leide wenig, aber schwach, schwach! Jetzt ist es fast ein Jahr, daß ich meine Spiegeley nicht anders verlasse, als um bis zur grünen Bank auf dem Hofe zu schleichen. Mein Gehen ist so gut wie gar nichts mehr. Schreiben bringt mich nach wenigen Zeilen einer Ohnmacht nahe. Lesen darf ich nur mit großer Vorsicht ab und zu ein kleines Gedichtchen, oder einen kurzen Zeitungsartikel. Im übrigen ist mein Schlaf, wenn nicht gut, doch zur Notdurft hinreichend, Appetit dito; fieberhafte oder schmerzliche Zustände nicht vorhanden; Stimmung heiter; AussehenWeiterlesenIch bin jede Stunde bereit

Dürfte ich jetzt schreiben!

(…) Ich bin jetzt eigentlich hergestellt, aber noch ungeheuer schwach und reizbar, kann noch keine drey Seiten nacheinander lesen, und dieser ist mein erster Brief, an dem ich gewiß schon 14 Tage lang schreibe — Sehn Sie, Lies, daß ich doch immer mehr für Sie tue, als für jeden andern? Aber es ist auch ein miserabler Brief! ein bloßes Krankheitsbulletin! Ich habe gedacht, das Lies hat mich lieb, ängstigt sich um mich, und für dieses Mal sind ihr genaue Nachrichten mit zuletzt beruhigendem Schlüsse lieber als die schönsten Literaria. Übrigens kommen mir dergleichen auch weder zu Ohren noch Gesicht. Lesen darf ich ja noch nicht, habe seit meiner Ankunft (2. Oktober) mein Zimmer nicht verlassen und nehme außer der SalmWeiterlesenDürfte ich jetzt schreiben!

Mein lederner Reiseroman

(…) Ich machte mich in der letzten Zeit stärker als ich war, um Paulinens Widerstand zu besiegen, die mich nicht begleiten konnte (weil ihr ein junges Mädchen in den Ferien anvertraut war) und mich mit großer Liebe und Sorge entließ; sie hatte Alles getan, mir die Reise zu erleichtern, mir alle Karten für Dampfboote und Eisenbahnen, sogar für den Omnibus bis Freyburg verschafft (diese Anstalten stehn miteinander in Berechnung) und zugleich ein Empfehlungsschreiben vom Direktor der Cölnischen Dampfschiffahrt, was an sämtliche Wagen- und Schiffkondukteure[1]Kondukteur: Schaffner gerichtet, ihnen jede Rücksicht für mich auf die Seele band, so bin ich übergekommen fast so bequem wie in meinem Bette (d. h. bis Freyburg) — die Herrn Kondukteure führten mich immer gleich in denWeiterlesenMein lederner Reiseroman

Das ist doch kläglich!

(…) Kinkel war (Ende September) wieder gesund und in voller Tätigkeit, seine Johanna aber hätte man steinigen mögen, weil sie den nagelneuen Streit zweyer Frauen aus geachteten und mit halb Bonn verwandten Familien auf die skandaleuseste Weise als Novellenstoff verarbeitet hatte. Die Indiscretion des Federviehs ist doch heutzutage wahrhaft scheuslich! Meine Charackteristik im „Jahrbuche“ mag auch ein rares Stückchen sein, da sich der gute Kühnast so daran geärgert hat! Sie können wohl denken, daß ich es nicht gelesen, und wahrlich keine Lust dazu habe. Bädeker hat mir das Buch geschickt, d. h. nach Hülshoff. Werner schickte mir den Brief, behielt aber das versiegelte Paket bis auf weitere Ordre zurück; dort mag es ruhn bis zum jüngsten Tage! Hier ist esWeiterlesenDas ist doch kläglich!

Nach Meersburg!

Mein lieb lieb Lies! Ich wage es, einen Brief an Sie anzufangen — jeden Tag einige Zeilen, da muß es doch endlich Etwas geben. Mein Gott! wie ist doch in Münster die Trennung der Gesellschaften so groß! Daß auch nicht einer Ihrer Bekannten erfahren hat, wie elend krank ich gleich nach meiner Mutter Abreise geworden bin, und daß nur die äußerste Noth, die allerseitige Ueberzeugung, daß ich in diesem Zustande keinem westphälischen Winter entgegen gehn dürfe, meine nachträgliche Reise, wie alles Nothwendige, auch möglich gemacht hat — denn Sie müssen wissen, daß ich Hülshoff in einem Zustande verlassen habe, wo ich keine halbe Stunde außer dem Bette seyn konnte, ohne ohnmächtig zu werden. Doch gieng die Reise leidlich; hier brachWeiterlesenNach Meersburg!

1000 Schritte von meinem Kanapee

Mein lieb Herz! Jetzt müssen Sie doch wohl wieder zu Hause seyn. Ich bin richtig hier geblieben, im strengsten Inkognito, was auch höchst nöthig war, denn ich bin schändlich krank geworden. Vorher hatte ich nicht Zeit dazu, aber jetzt habe ich ein ganzes Jahr voll Kummer, Sorge und Aerger nachzahlen müssen. Zudem war mein Homöopath verreißt, ist erst vor einigen Tagen rückgekehrt, und ich habe mich solange allein durchgebissen – ganz heimlich, besonders vor den Hülshofern, um den Clövekorns, Wörlitzens et cet. zu entgehn. Schade, daß der Bönninghausen eine Frau hat, er würde mich sonst gewiß nehmen, wenn nur ein Funken Dankbarkeit und Edelmuth in ihm ist. Jetzt aber wird Niemand nehmen und hat genommen als ich – nämlich vorgesternWeiterlesen1000 Schritte von meinem Kanapee

Das Klübchen rezensiert sich untereinander

(…) Junkmann hat nicht für gut gefunden, Notiz von meinem Geschenke und Briefe zu nehmen, oder vielmehr zu geben; artig ist das nicht, aber mir recht lieb; J[unkmann] ist ein so seltsamer Mensch, daß man aus seinen Briefen eigentlich auf gar nichts schließen kann; oft meint man, sie ganz klar zu verstehn, und er behauptet hintennach grade das Gegenteil gemeint zu haben. Wie? weiß Gott und er allein. Ironisch? das will nicht immer passen. Ich denke hieroglyphisch. So will ich ihn nicht voreilig richten, aber bis ich ihn selbst gesehn und mich vielleicht eines Erfreulicheren überzeugt habe, bleiben er und sein Briefwechsel mir unheimlich. Schücking hat mir dagegen einen wirklich herzlichen Brief geschrieben; er konnte mir Geld und einen sehrWeiterlesenDas Klübchen rezensiert sich untereinander

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