Meine Schwester, die Ihnen selbst schreiben wollte, aber sich seit einigen Tagen durch Einfluß des Äquinoktiums zu unwohl dazu befindet, läßt sie bitten, ihr doch zu sagen, was es für eine Bewandtnis mit den zehn oder zwölf Gedichten hat, die Sie Ihnen für das „Morgenblatt“ mitgegeben, da jetzt, nach drei Monaten, noch nicht ein einziges davon erschienen ist. Sie glaubt daraus schließen zu müssen, daß Cotta ihnen entweder die Aufnahme verweigert hat oder Sie aus irgendeinem Grunde es sonst nicht passend gefunden haben ihm dieselben fürs „Morgenblatt“ zu geben. In diesem Falle wünscht sie sie dann einem der andern Blätter zu geben, und läßt Sie deshalb um Nachricht hierüber bitten, aber womöglich mit umgehender Post, da sie spätestens am nächsten Montag und vielleicht schon am Freitage mit Mama uns verlassen wird, also nur bis dahin die Nachricht noch in Meersburg erhalten kann.
Können Sie ihr auch sonst noch etwas über den Fortgang des Druckes ihrer Gedichte sagen, so wird ihr das gewiß angenehm sein, obwohl die Sache freylich ihren gemessenen Weg hat. Indes ist’s doch ängstlich für einen angehnden Autor, so gar nichts von dem Schicksale seines Manuskriptes zu hören.
Liebe Jenny, füge noch herzliche Grüße hinzu!
Da, wie Sie, liebe Schücking, wissen werden, das Honorar für Nettens Gedichte zur Abtragung des Kaufpreises ihres Weinbergs verwendet werden soll und sie mir dieses Geschäft übertragen hat, so würde es mich sehr interessieren zu wissen, wann ich ungefähr auf die Auszahlung desselben rechnen könnte und was ich zu tun hätte, falls Cotta damit bedeutend über die gesetzte Zeit hinaus in Rückstand geraten sollte.
Auch läßt Nette Ihnen nebst herzlichen Grüßen sagen, das Gedicht, was Sie Ihnen und Levinen zum Abschiede gemacht habe, scheine ihr doch für den Druck fast zu persönlich und, falls die Redaktion des „Morgenblattes“ es noch nicht in Händen habe, scheine es ihr doch wohl passender, es zurückzuhalten. Im entgegengesetzten Falle jedoch mache es ihr eben auch nicht viel, wenn es gedruckt würde.
Meersburg, Mitte September 1844
Dieser Briefentwurf, geschrieben von Annette von Droste, findet sich auf der Rückseite des Verlagsvertrages mit Cotta vom 29. Januar 1844