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Sie flickt ihm das Weißzeug

Schücking ist jetzt Mitredakteur der „Allgemeinen Augsburger Zeitung“, wohnt in Augsburg, ist seit drei Monaten verheuratet, gottlob sehr zufrieden, und schreibt mir oft; auch seine Frau hat mir wieder geschrieben, einen sehr natürlichen, herzlichen Brief. Sie scheint voll des besten Willens zu sein, ihn glücklich zu machen. Er schreibt, aus ihrer Schriftstellerei werde jetzt nicht viel mehr, sie habe meistens die Küchenschürze vor oder flicke ihm sein Weißzeug; das hat mir sehr tröstlich geklungen. Der Himmel hat den armen Schelm so lange und bitter geprüft, ich hoffe, jetzt läßt er’s ihm auch mal gut gehen.

Er fängt jetzt an, ziemlich berühmt zu werden, sein neuster Roman, „Das Schloß am Meere“, findet großen Beifall, so auch seine Erzählungen in verschiedenen Taschenbüchern. Er bleibt aber immer dieselbe gutmüthige, unschuldige Seele. Da er jetzt viele Gelegenheit hat, Handschriften von berühmten Männern zu bekommen, so hat er mir neulich ein ganzes Paket geschickt, und man merkt dem Briefe an, daß er es nicht abwarten kann zu erfahren, wie ich mich drüber freue.

Im Frühling kömmt er mit seiner Frau hieher, und wir freuen uns alle darauf, selbst Mama erweicht sich gegen ihn, da sie hört, wie Jenny und Laßberg ihn loben, und am meisten Eindruck macht es ihr, daß alle Dienstboten rühmen, „daß er nie in kein Wirthshaus nit gange, und nie kein Mädel kein unrecht Wort nit gesagt hab“. Darum hoffe ich, wird’s ihm auch gutgehn. Ein unschuldiges Leben ist die beste Vorbereitung zu einer glücklichen Ehe.

Levin Schücking hat keine feste Stelle als Redakteur bei der Allgemeinen Zeitung in Augsburg, sondern arbeitet auf Honorarbasis.

1 Kommentar im Kontext dieses Briefes

  1. Was die Mineralien angeht, so freut es mich, dass sie Ihnen Freude machen, mein liebes Mütterchen scheint sogar mehr darüber froh, als über die Prachtausgabe der Nibelungen, die doch viel wertvoller ist! Haben Sie auch bemerkt, dass in einem der Steine – einem mittelgroßen schwarzen – kleine Smaragde sitzen? Das ist aber „mein Best noch nicht“, wie die Penäler sagen, wenn man ihre Schönschriften bewundert: anbei erfolgt ein zweiter Kasten Mineralien, den ich aber freilich nicht selbst, sondern der Apotheker Hinterhuber in Mondsee gesammelt und für Sie gestiftet hat. (Die Sie schon haben, sind aus Berchtesgaden hergeholt.)

    Dann habe ich auch wieder Autographen für Sie, die mit den Steinen kommen, und zwar nicht schlechte: Varnhagen, Heine, Fürst Pückler, Fürst Felix Lichnowsky; Letzterer war lange in Spanien, General des Don Carlos und schrieb „Erinnerungen aus der pyrenäischen Halbinsel“, „Erinnerungen aus Portugal“. Nächstens schicke ich Ihnen auch Lenau und vielleicht Jean Paul, dann, da ich vorhabe, mit Geibel einen Musenalmanach für 1845 herauszugeben, welche von allen möglichen Poeten. Von Ihnen hätte ich gern durch Adele Schopenhauer gelegentlich und mit der Zeit mal Schiller, Herder, Wieland, wenn sich das möglich machen ließe? Wo ist Adele Schopenhauer jetzt? Und wie geht’s ihr? Wie geht’s Ihrer andern Freundin Male Hassenpflug? Hassenpflug, heißt’s, würde wieder Minister des Innern in Kassel.
    Augsburg, Januar 1844

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