Ach liebe Grosmutter und Tanten wenn ihr mir doch wolltet ein Bischen Butter schicken, hier zu Lande ist sie sehr theuer und schlecht, Frenzchen hat mir von Hinnenburg welche geschickt, aber die ist grade auf, wenn ihr mir wolltet etwa ein süßes Brod und einen Käse dazu schicken, dann würde ich euch sehr dankbar seyn, nicht wahr?
Ich mache es wie der schlaue Pilgrim in Hebels Schatzkästlein, aber in diesem fatalen Neste ist auch nichts zu haben als für ungeheures Geld, und dann oft noch nicht einmahl, bitte schickt es mir auf den Fall so bald wie möglich, da ich nur noch acht Tage bleibe, daß ich gar nicht an euch schreibe, dar über müßt ihr den Hofrath Ficker zur Rede stellen, der es durchaus jetzt nicht zugeben will, was aber viel schlimmer ist, ist, daß ich bis jetzt noch keine Briefe von Hülshoff bekommen habe, aber sie werden doch nun wohl unter Weges seyn, daß die Lotterie für die Schneebergsche so gut ausgefallen ist, wißt ihr schon wohl, ich wollte, ich wüßte nur jemand, dem ich das Geld mitgeben könnte, Lebt wohl, und denkt bisweilen an mich, ich küsse den Aeltern die Hände, und euch übrigen in eure fatalen Gesichter
eure Nette
Als einst Annette mit ihrer Stiefgroßmutter, der Freifrau Maria Anna von Haxthausen, geb. von Wendt, im Bade in Driburg war, wandte sich eine Frau aus der Umgegend um Unterstützung an diese und schilderte in lebhaften Farben ihre Not. „Kind“, sagte die Großmutter, „kannst du nicht ein kleines Gedicht darüber machen, das, auf einen Teller gelegt, bei den Badegästen die Runde macht?“ Annette tat es sofort und die Sammlung hatte den gewünschten Erfolg.
In „Annette von Droste-Hülshoff: Briefe der Freiin Annette von Droste-Hülshoff“, 2. Aufl. 1880