(…) Stoß dich nicht an dem etwas schäbigten Aussehn des Töpfchens, die Salbe war nun einmahl darin, und ich fürchtete, sie möchte eher verderben, wenn ich sie in ein anderes Gefäß strich, weil sie dieses nie so luftdicht ausfüllt wie dasjenige, worin sie gleich noch flüssig gegossen ist. Die scheinbar schmutzige Farbe derselben kömmt von den durchgepreßten Kräutern, und den ranzigen Geruch hat sie immer, da die Hauptingredienz ungesalzene Butter ist – dieses schadet aber ihrer Güte nicht, und selbst wenn Schimmel darauf kömmt (was sehr leicht geschieht), so streicht man ihn nur herunter, und das übrige ist so wirksam wie zuvor.
Hier das Rezept: Man nimmt erstens unreife Wacholderbeeren, zweitens Moos, was an einem Schlehenstrauch gewachsen ist, drittens die sehr kleinen Würzelchen der wilden lilafarbigen Scabiosa, die überall wächst und auch Teufels-Abbiß genannt wird. Diese drei Teile macht man, jedes einzeln, klein (das Moos und die Wurzeln und zerschneidet man und zerstampft die Wacholderbeeren); dann nimmt man ein Pfund frischer Butter, ungewaschen, so daß noch etwas von der sauren Milch darin ist, zerläßt sie in einem eisernen Geschirr, doch nicht allzunah beym Feuer, da sie nicht sieden darf, sondern nur zergehn muß, wirft dann von jeder der oben benannten Ingredienzien so viel hinein, wie man von jeder dreymahl mit drei Fingern fassen kann, rührt die Butter einmahl um, daß überall von jedem Teile etwas hinkömmt, und setzt das Ganze in demselben eisernen Geschirr in den Keller, wo man es dreymahl 24 Stunden stehn läßt; dann wird es wieder am Feuer flüssig gemacht und durch ein loses Gewebe (Mull oder Gaze) gleich in die Gefäße geseiht, worin es bleiben soll, die man mit einer Blase zubindet und im Keller aufhebt.
Die Salbe wird nicht eingerieben, sondern nur ganz sanft und recht dick auf die leidende Wange gestrichen, nur recht breit und auch unter die Kinnlade bis ans Kinn, wo die Hauptmuskeln laufen. Manchen thut es gut, wenn sie sich damit etwas an den Ofen setzen, aber nicht zu nah, daß die Wange nicht übermäßig erhitzt wird; andre binden, wenn die Salbe eingezogen ist, ein Tuch ums Gesicht. Mir thut grade die Kälte wohl, da das Gesicht doch von dem Schmerz brennt.
Das Mittel hilft nur für nervöse Leiden und ist dann auch im Nacken, Arm et cet. anwendbar, wo man oft schon Linderung fühlt, während die Salbe aufgestrichen wird, und hilft dann jedesmal für geraume Zeit, bis man sich ganz von neuem verdirbt. Hier hat es außer mir meine Mutter, Malchen Stapel und Tony Galieris auf der Stelle von nervösen Gesichts- und Zahnschmerzen befreit, von denen sie sonst nie unter mehreren Wochen loskamen, wenn sie einmahl im Gange waren. Andern dagegen, z. B. meiner Schwägerin, deren Leiden rheumatischer Natur sind, hat es gar keine Wirkung getan, und wenn es in den zwei oder drei ersten Malen nicht hilft, ist ist nichts mehr davon zu hoffen. Schnelles Einziehn der Salbe ist gewöhnlich ein Zeichen, daß sie wirken wird.
Die wilde Scabiosa fängt ungefähr um die Mitte Sommers an zu blühen und blüht bis tief in den Herbst; man findet sie auf nicht zu feuchten Grasangern, an Bergen, in Heiden, kurz fast überall, nur nicht in feuchten Wiesen. (…)