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Wir husten uns durch die Konjugation

(…) Liebe Jenny, es ist hier ein Wetter, so schön, warm und ungesund wie möglich, Schneeglöckchen und gelber Helleborus blühen schon seit drei Wochen, Nußkätzchen sind verblüht, Erlenkätzchen in vollem Flor, und die sämtliche Menschheit hustet sich durch die ganze Konjugation – ich huste, sie hustet, er hustet, wir husten, sie husten, aber ich hoffe du hustest und ihr hustet nicht. Ich habe greulich daran müssen diesen Winter, was den besagten Husten anbelangt, und laboriere noch daran, bin aber nicht, wie sonst, von Herzen krank dabey gewesen, folglich auch nicht von Kräften gekommen, und somit ganz zufrieden. Mama macht eine Ausnahme im Hause und hustet nicht, ist überhaubt sehr wohl, bis auf das Herzklopfen, was noch immer nicht weichen will, sich jedoch dahin gemildert hat, daß sie es entweder in den gewöhnlichen Zwischenräumen (immer den zehnten Tag) und dann nur sehr gering, oder nach einem langen Termin (14 Tage oder 3 Wochen) und dann ungefähr so stark wie früher bekömmt; ich hoffe sicher, es ist am Ausschleißen, nur Bücken kann sie nicht vertragen, so wenig wie ich jetzt, es ist deshalb was Miserables mit unsern Korrespondenzen, und Du kannst mir nur die Hand küssen, daß ich Dir einen so langen Brief schreibe, wie ich wenigstens Willens bin (…)

August ist gegenwärtig in Berlin, reist aber noch in diesem Monate auf königliche Kosten nach Persien ab; in welchen Geschäften, weiß er selbst nicht recht, erhält seine Instruktionen versiegelt, zur späteren Eröffnung (ich weiß nicht, ob die ganze Sendung nicht ein politisches Geheimnis ist, sprich also lieber nicht davon) (…)

(…) wenn Mama kömmt, wozu sie zwar noch nicht fest entschlossen, aber auch gar nicht abgeneigt ist, komme ich mit, und Du weißt wie ich mich darauf freue, ohne daß ich es weitläufig zu sagen brauch (…)

[am unteren Rand der ersten Seite] August reist jetzt wahrscheinlich nicht nach Persien, sondern nur nach Rußland. Er reist den ersten März ab.

Der Onkel, August von Haxthausen, soll als ausgewiesener Kenner des Agrarwesens im Auftrag der russischen Regierung die landwirtschaftlichen Bedingungen im Land prüfen. Über diesen Auftrag darf er allerdings nicht reden und erzählt deshalb anfangs im Verwandtenkreis, er würde nach Persien reisen. Aus seinen Erkundungen resultieren zwei Bücher: "Studien über Russland" (1847/52) und "Transkaukasia" (1856).

1 Kommentar im Kontext dieses Briefes

  1. Henriette von Hohenhausen sagt:

    Ich schicke erst diesmal eine Flasche des Tranks gegen den Husten mit; beinahe eine halbe bleibt noch hier zurück – welche Sie jeden Augenblick abholen lassen können, wenn die erstere ihn nicht ganz kuriert hat; aber augenblickliche Besserung dürfen Sie wirklich nicht erwarten, doch hoffentlich schon nach 5-6 Tagen.
    Machen Sie sich nur ja keine Skrupel über meine Ausgaben. Die ganze Geschichte kostet kaum 3 Groschen und wenn es geholfen hat, so will ich mich auch nicht wehren, die ganze Summe einst zurück zu nehmen …
    Münster, Januar/Anfang Februar 1843
    Henriette von Hohenhausen ist ein Tante Elise Rüdigers.

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