Site Overlay
Christoph Bernhard Schlüter

Der blinde Münsteraner Dichter und Philosoph (1801 – 1884) hält zunächst wenig von ihrem schriftstellerischen Talent, wird für Annette Droste dann aber doch zum Förderer und literarischen Gesprächspartner – so wie Mutter Therese von Droste sich das gewünscht hatte. Mehr über Christoph Bernhard Schlüter


Betet für mich

(…) Ich bin in Hülshoff und recht krank, an allerlei, am plagendsten an meinem nervösen Kopfweh, das seit sechs Tagen völlig Überhand genommen hat. Ich kann Ihnen deshalb für dieses Mal nur die Hand drücken und weiter nichts. Alles andere, Brief und Gedichte, später gern und vollständig. Betet doch ein wenig für mich, Ihr meine Lieben! Der Schmerz nimmt mir so oft die Gedankenklarheit zum brünstigen Gebethe, wenn ich es grade am nötigsten hätte. (…)

Mein ganzes liebes Zusammenleben mit mir selbst

(…) Ich bin auf dem Punkte, nach Hülshoff auszuwandern. Mein guter Bruder will es so und hat recht daran; denn so verführerisch, ich möchte sagen betäubend lieblich mein Klausnerleben auch ist, so ist es doch allerdings nicht geeignet, jemanden, der sehr an den Nerven und noch mehr an Apprehensionen[1]Apprehensionen: Ängsten leidet, wieder zurechtzuhelfen. Also in Gottes Namen! Ich schicke den „Helmut“ mit vielem Dank zurück; er hat mir viel genutzt; so geschwind er sich von der Sache abmacht; denn mein Wissen war hier wieder gar arges Stückwerk, ohne Ordnung und System, rein Aufgeschnapptes! und es hat mich sehr gefreut, endlich einmahl etwas, wenn auch Kurzes, doch Gründliches darüber zu lesen. Die beiden Lateiner nehme ich mit, ich stecke mitten darin,WeiterlesenMein ganzes liebes Zusammenleben mit mir selbst

Meine Sprachkenntnisse: schlecht! schlecht!

Sollte ich Ihnen wirklich eigenmündig Veranlassung gegeben haben zu glauben, ich könne den Leonidas in der Ursprache lesen? Oder trägt die große geistige Elle die Schuld, an der, wie der Fuchs beym Messen den Schwanz, so Sie den glänzenden Schweif Ihr[er] eignen Vielwissenschaft zugeben? Sed non cuivis contingit adire Corinthum![1]Sed non cuivis contingit adire Corinthum: Aber es kann nicht jeder nach Korinth gehen Ich kann elendiglich wenig Griechisch, in meinen besten Glanz- und Übungsjahren kaum über die Fibelschützerey hinaus und jetzt wieder schmählich dahin zurückgesunken. Kurz, ohne den großen Trost der lateinischen Erläuterungen würde ich kaum begriffen haben, wo die Glocken hängen, und bin auch jetzt noch bey Manchen nicht ganz sicher darüber. Von einem eigentlichem Urheile kann also nichtWeiterlesenMeine Sprachkenntnisse: schlecht! schlecht!

Peinliche Lage

(…) Ich erhielt gestern einen mir peinlichen Brief von Gottfried Kinkel aus Bonn, er beabsichtigt den so oft fehlgeschlagenen Versuch eines „rheinischen Jahrbuchs“ wieder aufzunehmen, und bittet mich, Westphalen darin vertreten zu helfen, beruft sich auf unser beiderseitiges nahes Freundschaftsverhältnis zu Junkmann, übergeht gänzlich, daß ich seine protestantisch gewordene Frau (die Johanna Mockel) früher sehr genau gekannt habe, und zeigt eben hierdurch, für wie aufgebracht er mich (mit Recht) über diesen Schritt hält. Kurz, sein ganzer Brief ist der Art, daß er einerseits durch dringende Bitte, sehr bescheidene Anforderungen und kräftiges Fürwort mir das Abschlagen fast unmöglich macht, und anderseits den Verdacht katholischer Crassheit, die den Zorn über die Verfehmte auf ihren unschuldigen Mann, der doch rein als litterarischer UnternehmerWeiterlesenPeinliche Lage

Schücking hat an mir gehandelt wie mein grausamster Todfeind

(…) Sie wissen nicht, was ich in den letzten Tagen gelitten habe, und welche durchdringende Erquickung mir ihre treue vertrauensvolle Freundschaft gerade jetzt seyn muß. Ich habe Schückings scheusliches Buch gelesen, ich habe es von wahrhaft wohlmeinender Hand erhalten, mit dem Zusatze, „ich müsse es leider lesen, da ich in dem allgemeinen Verdachte stehe, ihm das Material zu seinen Giftmischereyen geliefert zu haben“. Sie haben es nicht gelesen, und hätten Sie es gelesen, so würden Ihnen doch hundert Anspielungen (die leider andernorts nur zu wohl verstanden werden) unverständlich bleiben und Sie nicht halb begreifen, wie mir zu Muthe sein muß. Schücking hat an mir gehandelt wie mein grausamster Todfeind und, was unglaublich scheint, ist sich dessen ohne Zweifel gar nichtWeiterlesenSchücking hat an mir gehandelt wie mein grausamster Todfeind

Meine Zimmer gleichen Ruinen

(…) Es ist Abend, Sie sind nicht gekommen, der Wagen ist angespannt, der mich nach Hülshoff bringen soll. Übermorgen geht es von dort weiter, morgen, wenn Sie dieses lesen, habe ich meinem guten, kleinen Rüschhaus Lebewohl gesagt. Alles ist eingepackt und eingeschlossen, meine Zimmer gleichen Ruinen. Leben Sie wohl, leben Sie Alle tausendmal wohl. Sie und die Mutter und Therese. Denken Sie meiner vor allem im Gebeth und auch sonst, ich werde Ihrer täglich gedenken und täglich für Sie schreiben in die zwei Bücher, Sie wissen ja wohl, wie ich es gesagt. Adieu, mein Herz ist sehr schwer. Ihre Annette

Gott bewahre mich vor dem Heimweh

(…) Nun hat mein bekannter Äquinoktalhusten[1]Äquinoktium: Tag- und Nachtgleiche, an dem ich leider einige Wochen sehr gelitten, und den meine Schwester noch nicht miterlebt hatte, diese so arg geängstigt, und sie hat der guten Mama einen so argen Floh darüber ins Ohr gesetzt, daß eine Luftveränderung als durchaus nötig für mich erklärt worden ist. Kurz, es ist mal so! Ich reise mit. Und bemühe mich, der Sache die angenehmste Seite abzugewinnen, da mir doch mal die Qual der Wahl nicht geworden ist. Auch soll der Aufenthalt in Meersburg um vieles angenehmer sein als der in Eppishausen, schon des einträchtigen, friedlichen Wohnens unter Glaubensgenossen und im Schutze geordneter Gesetze wegen, was man dort so drückend vermißte, und dann ist diesseits desWeiterlesenGott bewahre mich vor dem Heimweh

Ich hoffe Gutes von dem Buche

(…) Wissen Sie wohl, Professorchen, daß ich jetzt ernstlich willens bin, ein ellenlanges Buch im Geschmacke von Bracebridgehall auf Westfalen angewendet zu schreiben, wo auch die bewußte Erzählung von dem erschlagenen Juden hineinkömmt? Das Schema zum ersten Teile, Münsterland betreffend, habe ich schon gemacht, und das ist für mich ein großer Schritt, denn eben dies Ordnen und Feststellen der wie Ameishaufen durcheinander wimmelnden Materialien macht mir immer zumeist zu schaffen, und habe ich das überwunden, geht’s in der Regel sehr schnell. Nun aber ist mir mit meiner Grippe und Appendix vorläufig ein Schlagbaum vorgefallen, und ich muß mich gedulden oder vielmehr ungedulden, denn nun ich mal angefangen, brennt’s mir wie auf den Nägeln, und ich möchte lieber Tag und NachtWeiterlesenIch hoffe Gutes von dem Buche

Copyright © 2025 Nach 100 Jahren. All Rights Reserved. |  by John Doe
Nach 100 Jahren
Datenschutz-Übersicht

Diese Website verwendet Cookies, damit wir dir die bestmögliche Benutzererfahrung bieten können. Cookie-Informationen werden in deinem Browser gespeichert und führen Funktionen aus, wie das Wiedererkennen von dir, wenn du auf unsere Website zurückkehrst, und hilft unserem Team zu verstehen, welche Abschnitte der Website für dich am interessantesten und nützlichsten sind.