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Obwohl ich alle Tage renne wie ein Postbote …

(…) Guten Morgen, Levin, es regnet draußen, in mir aber ist heller Sonnenschein, weil ich bey Dir bin und Dein gutes Affengesicht mir so recht vor Augen tritt. NB. Dein Porträt ist mir doch jetzt von großem Werte, und ich gäbe es um vieles nicht hin, obwohl Du mich ansturst wie ein grimmiger Leu, daß ich immer sagen möchte: friß mich nicht, kleines Pferd! Um jetzt auch mal auf mich selbst zu kommen: es geht mir denn so leidlich; von meinen Gesichtsschmerzen bin ich gottlob total geheilt, durch eine wahrhaft wunderbar wirkende Salbe, die mir ein altes Laienschwesterchen in Meersburg gegeben. Aber übrigens ist mir doch zuweilen hundsschlecht, und ich kann des Klimas noch ganz und gar nicht gewöhnen, obwohlWeiterlesenObwohl ich alle Tage renne wie ein Postbote …

Die Klatscherei der Bornstedt

(…) Sie werden von Elisen einen Brief erhalten haben, worin sie ihre Briefe und Portrait, so wie auch beides von mir, zurück wünscht. Sie können sich auf mein Wort verlassen, daß diesem Wunsch Elisens keine Bitterkeit zum Grunde liegt, sondern nur eine natürliche Furcht vor dem Schwerte des Damokles, das ihr durch die Klatscherei der Bornstedt erst recht sichtbar geworden ist. Daß diese Klatscherei, die übrigens nur wenigen bekannt war, fast in der Geburt erstickt ist, haben wir teils Schlüters zu verdanken, teils dem Umstande, daß die Bornstedt mich ganz auf dieselbe Weise angegriffen und dadurch ihrem boshaften Plane zwei Köpfe gegeben hat, die sich einander auffraßen. Ich habe übrigens Elisens Wunsch nicht angeregt, aber ihr allerdings Recht gegeben: BeidesWeiterlesenDie Klatscherei der Bornstedt

Zuarbeit zum Westfalen-Buch

(…) und NB. was stellt das für, daß Du behauptest, gar kein Material zu haben? Wo sind denn diejenigen glänzenden, poetischen, gediegenen, mit (Gesichts-)Schmerzen gebornen „jüngsten Kinder meiner Laune“, die ich dir in meinem letzten Briefe von Meersburg gesendet? Heißt es hier wirklich: parturiunt montes, nascetur ridiculus mus[1]lat. die Berge kreisen und gebären eine Maus? Zu deutsch: Kannst Du wirklich ganz und gar nichts davon brauchen? Mich dünkt, es kamen doch eine Masse schöner Gebräuche darin vor, die es nicht verdienten, so ganz für die Hunde zu gehn. Wirklich, konntest Du nicht wenigstens einiges umarbeiten? Sag‘ es mir nur frei heraus, du weißt, ich hülle mich dann in meine Größe, und tröste mich mit deinem schlechten Geschmacke. (…) Ferner: RüdigerWeiterlesenZuarbeit zum Westfalen-Buch

Geheime Briefe

(…) Ich gäbe viel darum, liebes Herz, wenn Sie grade dieses Mal echt offen und ausführlich geschrieben hätten, ganz wie zu Ihrem Mütterchen; denn ich sitze hier seit sechs Wochen mutterseelen allein, und weder Hahn noch Huhn kräht nach den Briefen, die ich bekomme, und mich verlanget so nach einem recht langen, warmen, lieben; aber das konnten Sie freylich nicht wissen, das erste nämlich. . (…) Daß Briefe an mich erbrochen würden, ist fortan gar keine Gefahr mehr vorhanden, selbst wenn ich grade abwesend sein sollte; aber ich wünsche dennoch dringend sie allein zu bekommen, um nicht genötigt zu sein sie vorzulesen, wo man dann, noch unvertraut mit dem Inhalte, beym Übergehen so leicht ungeschickt stockt, was allerlei Fatalitäten nachWeiterlesenGeheime Briefe

Mein Porträt als tägliche Mahnung

(…) Lev[ins] Lage macht mich übrigens trostlos, obwohl er gesteht „meist heiter und körperlich sehr wohl“ zu sein. Seine Traurigkeit ist auch gewiß nur momentan, sonst würde er sie in diesem Augenblicke, wo ihm alles Vergangene so recht vor Augen treten mußte, schärfer herausgehoben haben. Aber das übrige! Gottlob scheint sein moralisches Gefühl noch völlig unabgestumpft, aber es ist traurig genug, täglich sich innerlich empören zu müssen. Wäre es nur nicht so unmöglich, daß er auf andre Weise leben, nur schlichtweg leben — sich nähren und kleiden — könnte, so würde ich ihn tausendmal weg wünschen; aber er kann es nicht. Er ist körperlich unfähig zu jeder anhaltenden Anstrengung, und ohne diese gibt es nirgends Brot mehr in der Welt.WeiterlesenMein Porträt als tägliche Mahnung

Mamas letzter Wille

Für Dich allein zu lesen (…) Wegen der Präbenden von meinem und Mamas Vermögen habe ich mit Wernern gesprochen. Er ist mit allem zufrieden, sagt, wegen der meinigen Wünsche und könne er ja auch keine Schwierigkeiten machen, da ich ja völlig Herr darüber sei; Mama aber scheine kein Testament machen zu wollen, sondern habe ihm ihre Dispositionen gesagt und er ihr sein Wort gegeben, alles so auszuführen, wenn wir es zufrieden wären, was sie für ausgemacht annahm. Diese Dispositionen sind aber ganz anders, wie ich sie erwartet, und so, daß Werner und Du jeder 1000 Taler erhalten sollten, von dem übrigen aber, was etwas mehr ist, so daß es statt 40 50 Taler Zinsen bringt (zu 4 Prozent berechnet), sollteWeiterlesenMamas letzter Wille

Sittenlosigkeit – und Levin mittendrin

(…) In Schückings Briefe steht manches, was mich fürchten läßt, daß er endlich ehrenshalber nicht wird bleiben können. Der Fürst scheint ein Mensch von der schamlosesten Sittenlosigkeit. Z.B. die letzte Reise, wo Sch[ücking] und die Kinder auch mit waren, haben sie in Gesellschaft der Mätresse und ihrer Schwester gemacht, während die Fürstin in Ellingen auf dem Todbette liegt. An einer andern Stelle schreibt er: „Die arme gute Fürstin hat nur noch wenige Wochen zu leben, der Fürst kann es kaum abwarten, um in seine Löwenhöhle (nach Mondsee) zurückzukehren. Ich hoffe, er wird dann wenigstens die Delikatesse haben, mich mit den Kindern hier zu lassen. Aber ich fürchte! ich fürchte! nach dem Tode der Fürstin stehn uns große Veränderungen bevor!“ (DreimalWeiterlesenSittenlosigkeit – und Levin mittendrin

Die Bornstedt läßt sich fleißig besuchen

(…) Die Bornstedt läßt sich jetzt vom gleichfalls etwas einsam stehenden Sohne des Vaterlandes fleißig besuchen, unter vier Augen schmeicheln und hinterm Rücken gräulich durchziehn. Sie ist doch wirklich und durch unglücklich, und selbst von denen, die noch ihr letzter Trost und Stolz sind, verraten und missbraucht! Doch freue ich mich immer, wenn ich noch von irgend einer glücklichen Täuschung höre, es hilft ihr doch, das Leben ertragen, wie z. B. der Bräutigam, der Sohn des Vaterlands, und gewiß auch der „hochadliche Schwanenhals“. Jetzt ist sie in Herbern, und Manche meinen sie werde ganz dort bleiben,- aus Liebe zum Landleben – da sie in Münster durchaus nicht mehr subsistieren könne. (…)

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