(…) Es ist also jetzt beschlossen, daß man mich bis Düsseldorf bringen will, d. h. zu Wagen bis Cöln und dann gleich mit dem Dampfboot weiter. Dann müßten nun entweder die Pferde in Düsseldorf sein, oder, was vielleicht noch besser wäre, in Ruhrort, wo ich dann schon einige Stunden weiter wäre, auch in einer kleineren Stadt und einem kleineren Gasthofe, was wohlfeiler und angenehmer ist. Oder am allerbesten wäre es wohl, ich führ‘ bis Wesel; denn ich glaube nicht, daß die Pferde, wenn sie in zwei Tagesreisen von Münster bis Düsseldorf gingen, um 10 Uhr in Düsseldorf sein könnten, sie würden vielmehr den zweiten Tag erst nachmittags ankommen und müßten also einen ganzen halben Tag und eine Nacht im Wirtshause liegen. Zu Ruhrort würde es noch plus minus derselbe Fall sein, hingegen nach Wesel könnten die Pferde schon von Schermbeck gefahren sein und sich auch schon etwas ausgeruht haben, so daß ich gleich weiterfahren könnte. Was meinst Du dazu, liebe Mama?
Die paar Stunden, die ich von Düsseldorf bis Wesel vielleicht auf dem Dampfboote allein fahren müßte (ich sage vielleicht, denn im Grunde glaube ich nicht, daß man mich allein wird gehn lassen; ich habe nur noch von dem Plane bis Wesel zu fahren nichts gesagt), aber diese paar Stunden würden mir gar nichts machen, da ich ja auf demselben Dampfboote blieb, was ich in Cöln bestiegen, und also, bis sich in Düsseldorf meine Begleitung von mir trennte, schon wieder irgendwelche ordentlich Damen gefunden haben, neben denen ich die paar Stunden still sitzen könnte. Nur wünschte ich dann sehr, daß der Kutscher sich bey Ankunft des Dampfboots am Landungsplatze vorfinden, mich zum Gasthof führen und auf meine Sachen ein wachsames Auge haben möchte. (…)
Aber notabene: Geld muß ich noch haben. Ich glaube, daß ich, so für mich allein, die Reise nicht unter 20 Taler machen kann, und der Weihnachten hat mich sehr geplündert, denn ich habe nicht weniger als 12 Personen müssen Geschenke machen (…)
Im Winter 1836/37 kam die Droste: sie hatte sich endlich von ihren westfälischen Bekannten bereden lassen, ihre Gedichte herauszugeben. – Die Droste besitzt wirklich poetisches Talent, Phantasie, Darstellung und große technische Fertigkeit. Mich hatte früher manches Erzeugnis ihres Geistes höchlich erfreut; es waren die Gaben einer Dilettantin, und so gewannen sie von dem Unbeabsichtigten schon einen lieblichen Reiz; nun wollte sie als Dichterin auftreten, drucken lassen, und in meinen Augen stellten sich also für Lob und Tadel ganz andere Bedingungen heraus. Ich dachte mich in die Stelle des Publikums hinein, fast gewaltsam, weil ich die Droste als Freundin liebte, und musste nun hier und dort, wo ich sonst applaudiert hatte, verstummen. Sie aber begriff das nimmermehr: und so ging ein inniges Verhältnis fast auseinander, weil ich die allerliebsten Verse meiner Freundin weniger geeignet fand für den Druck und die Öffentlichkeit, als für die Schreibtafel und das Ohr eines befreundeten Kreises. Leider verlor ich nicht nur das Vertrauen der Freundin, sondern mein Urteil bewährte sich noch als richtiges. Annettens Buch ging unbeachtet vorüber, aber seitdem es erschienen ist, macht man an ihren poetischen Erzeugnissen weit höhere Ansprüche als früher, und somit ist sie nicht nur in den Augen des Publikums unbedeutend als Dichterin, sondern der engere Kreis ihrer Bekannten findet sie nicht mehr auf ihrer früheren Höhe.