(…) sie [Amalie Hassenpflug] hat mich lange warten lassen, und die Freude war groß bey der Ankunft – sie ist doch gar lieb und schön! Mir war ordentlich wunderlich zu Mute, als sie die Treppe hinauf kam, und ich das stolze noble Gesichtchen immer deutlicher erkannte, was in diesem Augenblicke, durch eine Bewegung der Liebe und Freude schöner war als je. Wir gingen auf meine Stube, und traten zusammen vor den Spiegel, weil sie ihr Haar ordnen wollte, ich fuhr beschämt zurück, so miserabel nahm ich mich neben ihr aus, ich sagte ihr dies auch, und sie antwortet, noch weinend vor Freude, „Du bist wohl toll! ich denke eben, wie garstig ich neben dir aussehe!“ – so blind macht die Freundschaft das gute Ding! – soll es einem nicht freuen, wenn man so geliebt wird? Denn dies war kein Ziererei, sondern ein unwillkührlicher Ausbruch, von beiden Seiten, so klar die Wahrheit leider nur auf einer Seite stand. … ach! Sie müsten sie kennen, Elise ich wollte alle kennten sie die mir lieb sind, und glauben Sie mir, es ist etwas recht Gutes was ich meinen Freunden da wünsche, so viel Geist, Talent, und Gemüth findet man selten vereint, und noch obendrein in einer so edlen äußren Form.
Nun kennt sie eben niemand unter Euch als Caravacchi, den Sie aber nicht darum befragen sollen; ich mag gar nicht, daß er sie über seine lederne Zunge spazieren läßt, denn sein Gemüth ist doch, im Grunde, so trocken und zäh wie eine Schuhsohle, einen so artigen süßen Brei er zuweilen darüber fließen läßt.
Ich rede so offen zu Ihnen, Elise, und hoffe, Sie sind vorsichtig mit meinen Briefen; denn Sie sind mir zu lieb, gutes Herz, als daß ich anders als recht eigentlich an Sie schreiben könnte. Ein Brief fürs allgemeine Beste wäre wohl klüger, da es Ihnen vielleicht selber Spaß machen würde ihn mitzuteilen. Aber ich kann so nicht schreiben, wenigstens nicht an Sie.
Ich lese eben Ihren Brief nach, und wie Sie von Schücking schreiben, „die Welt werde noch viel an ihm ändern“. Gott gebe, daß sie ihn so gut und rein läßt, als wofür ich ihn bis jetzt halte. Ich bin in der Tat so entfernt von aller Abneigung gegen ihn, daß ich vielmehr mich einer Art mütterlichen Gefühls nicht erwehren könnte, wenn ich auch wollte, was allerdings in meiner großen Liebe zu seiner verstorbenen Mutter und meinem Bewußtsein einiger körperlicher Ähnlichkeit mit ihr seinen Grund hat. Es läge mir sehr nah, täglich für ihn zu beten, obgleich ich es bis jetzt noch nicht getan habe, und dieses gleichsam strenge Interesse ist es wohl eben, was mich hart erscheinen läßt.
Abbenburg, Anfang September 1839