(…) Was ist dieses aber von wegen Carl? — ich habe es von Werner erfahren, und mich halb tot darüber gewundert, — den habe ich grade für den Unversöhnlichsten gehalten! — es ist aber sehr gut, daß er es weiß! — du weißt wohl was ich meine. — ich mag nicht gern über andrer Leute Geheimnisse schreiben.
Solltest du etwa noch nicht wissen, wie dein Bruder Clemens hinter sämtliche Geschichten gekommen ist, so will ich es dir berichten, — ich habe es von Werner, dem er es selbst erzählt hat. — Wie wir nach Hamm waren, hatte ich meine kleinen Briefe von Anna Ferdinand aufzuheben gegeben, der ist in der größten Not, wo er sie sicher genug verstecken soll, und stopft sie endlich in den kleinen Behälter für Pfropfenpapier an einer Büchse, wo er bald darauf vergisst. Dein Bruder kömmt indes hier, und will auf die Jagd gehn, findet die Briefe, und steckt sie, in der Meinung daß sie an Werner wären, wie er behauptet, ungelesen in die Tasche, Ferdinand kömmt darauf zu, erklärt, daß die Briefe ihm gehörten, und Clemens gibt sie, nach seiner Meinung, alle, wieder her, — wie er jedoch in Münster ist, und einmahl in seiner Tasche nach altem Papiere sucht, (findet er) noch einen versehnen Brief, und kann sich nicht enthalten, ihn zu lesen. – Ich glaube (es ihm) nicht, daß sich die Sache so verhält. – denn ich vermisse keinen meiner Briefe. — wahrscheinlich hat Clemens sie gleich anfangs alle, oder doch die meisten durchgelesen … Von Anna habe ich von Driburg aus einen Brief bekommen, das wird wohl derjenige sein, den sie meint, – später aber keinen (…)
Phine Droste ist auf einige Tage bey mir gewesen, sie war äußerst zärtlich, und hat am Ende einen förmlichen Freundschaftsbund mit mir geschlossen, was mich sehr geniert, da ich nie im mindesten vertraut mit ihr werden kann, und sie, wenn sie zufällig etwas von mir erführe, mich gewiß für sehr falsch halten würde. – ich habe sie übrigens wirklich sehr gern, sie hat ein edles und dabey sehr weiches Gemüth, und genießt eine allgemeine ausgezeichnete Achtung. – ich habe ihr auch den Ring mit dem lila Stein, von meiner geliebten Tante Dine, und das silberne Schlösschen, von meiner teuren Frau von Decken geschenkt. —
Ich bin neulich bey der Böne gewesen sie war unbeschreiblich zärtlich, wie immer, und ließ sogleich ihre Uhr spielen, wir saßen grade beide neben der Uhr, und die übrigen Besuche, deren grade mehrere da waren, am Fenster, als plötzlich ein gewaltiger Knall in der Uhr entstand, und darauf ein Gepolter, als wenn alles durcheinander zerbräch’ — wir waren alle äußerst erschrocken, die Böne aber behielt ihre völlige Fassung, drückte mich wieder auf den Stuhl, da ich aufspringen wollte, und sagte „bleiben sie sitzen, mein Bedienter wird nachsehn“ Es fand sich, daß der Strick, der einen großen beynah 100 Pfund schweren Stein, der das Ganze trieb, hielt, gebrochen war, der Stein war niedergefallen ohne das Uhrwerk zu berühren, aber der Perpendikel hatte sich losgehakt, und war auf die Walze gestürzt, aus welcher ein Stück heraus war — im Ganzen war der Schaden klein, und leicht verbesserlich, und die kostbare Uhr ist jetzt bey einem münsterischen Uhrmacher zur Reparatur.
Zu der Thielemann werde ich wohl diesen Herbst noch wohl nicht kommen, da die Fürstenberg noch selbst nicht in Münster ist, sondern zu Darfeld und Westerholt aufgehalten wird. – es wird ihr also wohl für diesen Herbst zu spät werden, – Mama hat den Plan, künftigen Frühling Onkel Fritz zu bereden, daß er die Reise mit mir dorthin macht. — das wäre freylich viel angenehmer, – wahrscheinlich brächten wir dann mit derselben Gelegenheit Tony fort, und reisten von Coblenz aus durch Holland. — Das war doch eine schöne tüchtige Reise! — Ich habe ein großes Verlangen die Thielemann wieder zu sehn, und würde mit Freuden die holländische Reise aufgeben, und so lange bey ihr bleiben, wenn die übrige Reisegesellschaft über Coblenz zurück kam — aber ich glaube nicht, daß das der Fall ist. (…)