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Herumwalzen auf den Cölner Bällen

(…) Es geht mir hier übrigens sehr gut. Cöln ist im Winter äußerst angenehm. Ich habe einige Bälle besucht, wo ich aber den Leuten den Aberglauben, daß ich von wegen meiner subtilen Figur gut tanzen müsste, gelassen habe, nämlich dadurch, daß ich gar nicht getanzt habe, als allenfalls einmahl herumgewalzt.

Die Bälle sind hier äußerst brillant, selbst das gewöhnliche Lokal ist sehr groß, und am Karneval-Montag wurde auf dem Kaufhause, genannt der Gürzenich, getanzt, wo mehrere tausend Menschen auf der Redoute waren. Es war wieder ein großer Aufzug wie in den vorigen Jahren. Der König Karneval hatte sich eine Braut aus dem Monde geholt. Ich werde Dir die ganze Sache einmahl mündlich erklären, schriftlich ist es nicht gut möglich. Aber das Ding muß ungeheures Geld gekostet haben, unter anderm hat sich der junge Schaaffhausen fünf verschiedene Anzüge machen lassen, die alle äußerst kostbar waren. Drei hat er aber nur zeigen können, die anderen beiden – der Titelnarr und der Ordensnarr – wurden für anzüglich erklärt und deshalb unterlassen.

Es waren auch noch viele kleine Gesellschaften, die herumgingen, unter anderen der Bannerrat, ein alter ehemaliger Rat von Cöln, wo sehr witzige Sache gesagt wurden, und doch ganz ohne Beleidigung. Ebenso ein musikalisches Kränzchen, was allerliebst musizierte und auch nebenbey sehr witzig war. Sie sangen und spielten verschiedene sehr muntere Stücke aus den „Wienern in Berlin“, dann eine höchst lächerliche Kirchenmusik und zuletzt ein Konzert auf einem Nachtigallpfeifchen mit Instrumentalbegleitung, was sich allerliebst ausnahm, was ich aber übrigens auf meine Schuh schmieren konnte. Das macht aber nichts, jeder hat was abgekriegt, und dieses war noch höchst gnädig. …

Ich muß wieder abbrechen, denn eine gute Bekannte von mir, Frau Mertens, die nicht weit von hier wohnt, läßt mich eben bitten, zu ihr herüber zu kommen; sie ist krank. (…)

Nach einem dreitägigen Aufenthalt in Bonn bei den Familien Moritz von Haxthausen und Clemens von Droste-Hülshoff reist die Droste am 17. Oktober 1825 weiter nach Köln. Sie wohnt dort bei ihrem Onkel Werner von Haxthausen, wird von dessen Frau Betty in die Kölner Gesellschaft eingeführt, lernt die (lesbische) Bankersgattin Sibylle Mertens-Schaffhausen kennen. Im April 1826 kehrt die Droste nach Hülshoff zurück.

1 Kommentar im Kontext dieses Briefes

  1. Werner von Haxthausen sagt:

    Nette gefällt uns übrigens außerordentlich gut; sie hat sich sehr gebessert. Es ist für meine Frau ein großer Trost, in ihrer Einsamkeit, da ich nicht gern sehe, dass … alle Tee- und Morgengesellschaften, Dinées und Soupées angenommen und erwidert werden, und dieser ständige Spectakle doch nicht auf einmal aufhören kann, und Betty, an beständige große Gesellschaften gewöhnt, erst nach und nach sich davon entwöhnen und dann doch nicht mit mir ganz allein das Haus hüten kann; Nette ist uns daher von reellem großen Wert.
    An Therese von Droste, 9. November 1825

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