(…) Ach Gott! ich käme gar nicht zu Ende, wollte ich Ihnen alles aufführen, was mich in den letzten zwei Monaten betrübt und geängstigt hat, und so will ich denn auch weiter kein Wort über mein spätes Antworten verlieren. Der Rätin Rüdiger habe ich Ihre Grüße und Entschuldigungen ausgerichtet. Sie war anfangs sehr mißvergnügt in Minden, hat sich aber jetzt ihren kleinen Salon ausgesondert und scheint sich darin zu gefallen. (…) Von Schlüters höre und sehe ich nichts, weiß aber, daß alle gesund sind und daß vor einigen Wochen ein Besuch nach Rüschhaus von ihnen in Überlegung gezogen worden, aber Wetters und Wege halber nicht zur Reise gediehen ist. (…) Sie schreiben mir, ich solle nicht vergessen, Simrock grüßen zu lassen. Lieber Freund! das verstand sich von selbst. (…) Kinkel aber habe ich nie gesehen, kann ihn also nicht grüßen lassen. (…)
Was soll ich ihnen weiter schreiben, lieber Junkmann, ich weiß wahrhaftig nichts mehr. Daß hier alles treibt und blüht? Der Rasen weiß von Schneeglöckchen, und die Gartenbeete bunt von Primeln sind? Da ist’s am Rhein gewiß ebensoweit, wo nicht noch weiter. Und diese allgemein verbreitete Neuigkeit ist doch die Einzige, die mir zukömmt, und zwar nur deshalb, weil ich sie aus den Fenstern sehen kann. Ich darf auch nicht viel auf einmahl schreiben, mein Kopf ist voll Verwirrung und rheumatischen Schmerzen.
Ihren Meyer habe ich noch nicht lesen können; ich kann noch niemanden auffinden, der das „Rheinische Jahrbuch“ besitzt, und zum Kaufe ist’s mir zu theuer.
Adieu, lieber Junkmann, es ist für mich höchste Zeit aufzuhören, meine Stirn siedet vor Schmerz wie ein Kochtopf. Schreiben Sie bald wieder; die Freundschaft ist ja noch nicht aufgekündigt, und ich denke, wir lassen die ersten dreißig Jahre alles noch im status quo.
Mit bekannter Gesinnung, Annette von Droste
Rüschhaus, zwischen 30. Januar und 7. Februar 1846