(…) Daß ich etwas krank und furchtbar apprehensiv gewesen bin, werden Sie schon durch Nanny und Luischen wissen; doch das ist jetzt vorüber, und ich will das gute Papier nicht mit all den Übeln, die ich hätte haben können und gottlob nicht gehabt habe, verderben, sondern Ihnen lieber danken, so gut ich kann, aber lange nicht so gut ich möchte, für die Treue, mit der mein altes liebes Lies mir seine Brieftäubchen zuflattern läßt. Altes Ding! Wie sie so brav ist, und wie lieb ich sie habe! Ich will mir auch gar keine neuen Freundinnen wieder anschaffen, außer Nanny und Luischen, mit denen ich von Ihnen phantasieren kann. Das tun wir denn auch dermaßen, daß ich zuweilen meine, die Pferde gingen mit uns durch.
An Elise in der Ferne Mit meinem Daguerrotyp Zum ersten Mal im fremden Land Sucht dich mein Geist an diesem Tag Muß ängstlich spähen, scheu und zag Eh er die liebe Schwelle fand. Das stille Zimmer kenn ich nicht In dem zu dir mein Schatten tritt Mit leisem luftgem Geisterschritt Und dämmernd wie ein Elfenlicht, Du schaust ihn an, er schaut seitab Als such in ungeborner Zeit Für seiner Treue Seligkeit Er sich den frommen Zauberstab Der aus dem Keim die Blüte ringt Erweckt den Nachtigallenschlag Und auch den lieben warmen Tag Der ihm sein Liebstes widerbringt.
Luischen war zweymahl hier, und das letzte Mahl Nanny mit ihr; es ging prächtig. Mama war rayonnante vor Vergnügen und hat mir diese beiden Damen dringend zum Umgang empfohlen, ist das nicht himmlisch? Nanny gestand mir, daß sie Manschetten vor mir gehabt, aber sie jetzt völlig abgelegt habe. Wir waren seelenvergnügt, ein Kleeblättchen wie an einem Stiele gewachsen. Notenblätter, die Elisentrios zum Besten gaben, daß Ihnen in Minden die Ohren müssen davon geklungen haben. Vor uns mein brauner Tisch, blank von Daguerreotyps; drei von Ihnen, eins von Nanny und zwei von mir (eins en profil, das andre en face). Beide Freundinnen stimmten für das erste, und so schicke ich es Ihnen denn, damit ich an unserem Namensfeste doch auch bey Ihnen bin wie Sie bey mir.
Ach Lies, wie wunderlich kömmt es mich doch an, daß ich mein kleines Geschenk nach Minden adressieren muß! wo ich nichts kenne, weder Zimmer, noch Aussicht, noch irgendeine von den Menschenseelen, die Ihnen heute mit mir Glück wünschen! Nanny und Luise brachen beynahe in Tränen aus, als sie Ihre Bilder durch die Lupe ansahen: „Ach Gott, nun ist sie es erst recht! Das sind gerade ihre Augen! und der Mund!“´- Das ist ganz ihr Gesichtchen!“ Die lieben Kinder waren nachher eine Weile so rot und still, und mir selbst wurde so sehnsüchtig, daß wir fast ein Trio geweint hätten, aber es war noch ein bißchen falscher Scham zwischen uns, und keine wollte dem Anstand so ins Auge schlagen. (…)